KLIMA-TAG „Gesundheit durch TGA“
Ludwigsburg, 30.09.2025 – „Gesundheit durch TGA“ war das Thema beim 16. KLIMA-TAG des Fachverbandes Gebäude-Klima e. V. (FGK), der am 18. September 2025 in Marburg stattfand. Die rund 90 Anwesenden informierten sich über Folgen von Hitzestress und schlechter Raumluftqualität sowie über Lösungsansätze, wie die Innenraumqualität nachhaltig verbessert werden kann.
Nach der Begrüßung durch Prof. Dr.-Ing. Dr. Christoph Kaup, Vorstandsvorsitzender des FGK, stellte Prof. Dr.-Ing. Martin Kriegel, Gesundheitstechnische Gesellschaft, in einer gemeinsamen Keynote mit FGK-Geschäftsführer Frank Ernst die Frage, ob die Menschen einem Arzt vertrauen würden, der Gesundheit als ‚nice to have‘ betrachtet. „Innenraumqualität ist kein Luxus und darf nicht länger als ‚Option‘ behandelt werden – sie ist ein ‚must have‘“, so Professor Kriegel. In der Praxis werden viel zu oft Gebäude errichtet, hinter deren Glasfassaden die Temperaturen schon im Frühjahr 30 °C erreichen und die Luft zum Schneiden ist, weil auf Verschattung, Kühlung und Lüftung verzichtet wurde. Gebäude sollten im Gesamten betrachtet werden, als Einheit aus Baukörper und Technik – und mit Blick auf die Menschen, die sich darin aufhalten. Das gilt für die Modernisierung genauso wie für Neubauten. „Ziel des FGK ist es, dass Menschen sich in Gebäuden wohlfühlen, und das bei höchstmöglicher Energieeffizienz“, betonte Frank Ernst. Kaum jemand stelle die Raumlufttechnik in Frage, wenn sie Anforderungen an Produktionsprozesse erfüllt, während sie in anderen Bereichen noch immer viel zu oft vernachlässigt werde. Er betonte, dass auch Raumlufttechnische Anlagen Wartung benötigen – wie die meisten technischen Systeme – damit sie energieeffizient laufen und das leisten, was von ihnen erwartet wird. Monitoring und Optimierung bieten die Chance, die Zufriedenheit der Nutzer zu steigern.
Lucas van Stephoudt, FGK, der den KLIMA-TAG moderierte, begrüßte Dr. med. Andrea Nakoinz als erste Rednerin zum Themenblock „Hitze“. Die Fachärztin für Anästhesie und Beraterin für gesundheitsbezogene Anpassung an den Klimawandel erklärte aus medizinischer Sicht, warum Hitze ein so großes Gesundheitsrisiko darstellt. Wie seine Vorrednerin wies auch Prof. Dr.-Ing. Konstantinos Stergiaropoulos, IGTE, Universität Stuttgart, darauf hin, dass Hitze in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit besonders belastend ist. Er stellte Maßnahmen zum Hitzeschutz außerhalb der Gebäude vor, beispielsweise Begrünung, Verschattung und das Reduzieren innerer Wärmelasten aufgrund solarer Einstrahlung. „Dennoch sind Maßnahmen zur Kühlung innerhalb des Gebäudes erforderlich“, erklärt Professor Stergiaropoulos. „In Gebäuden ohne maschinelle Kühlung können die Temperaturen bei längeren Hitzephasen auch per Nachtlüftung nicht ausreichend abgesenkt werden.“ In der anschließenden, von Claus Händel, FGK, moderierten Paneldiskussion sprachen die beiden mit Professor Kriegel und Tobias Bargsten, Mitsubishi Electric Europe B.V., über das Thema „Hitzestress“. Die Runde war sich einig, dass die Gebäudekühlung mit steigenden Außentemperaturen in Zukunft noch wichtiger wird. Dafür sollten energieeffiziente Lösungen eingeplant werden, um ineffizienten Provisorien vorzubeugen. Bei der Frage nach dem Energieverbrauch wies Tobias Bargsten darauf hin, dass im Sommer, wenn der Kühlbedarf am größten ist, bereits heute Photovoltaikanlagen einen Überschuss an erneuerbarem Strom erzeugen. Die Nutzung dieser Energie durch hocheffiziente Klimatechnik biete eine zukunftsfähige Lösung der Gebäudekühlung in Hitzeperioden.
Am Nachmittag stand die Innenraumqualität im Mittelpunkt. Neben der thermischen Behaglichkeit ist auch sie entscheidend für die Innenraumqualität. Prof. Dr. habil. Ulrich Zißler vom Technologie-Transferzentrum für Baubiologie und Wohngesundheit der Technischen Hochschule Rosenheim beschrieb Quellen der Schadstoffbelastung, z. B. Reinigungsmittel, Schimmel, Feinstaub, Menschen und Tierschuppen. Die möglichen Auswirkungen belasteter Luft reichen von Schädigungen der Atemwege über Entzündungen bis zu neurologischen Erkrankungen. „Man muss sich fragen, was uns gesunde Raumluft wert ist“, sagte Professor Zißler und zeigte Beispiele für das Engagement, wenn es um die optimalen Klimabedingungen für Produkte wie Käse- oder Wein geht, jedoch die optimalen Innenraumklimabedingungen für den Menschen selbst vernachlässigt werden. Um die technische Seite der Luftqualität ging es im Vortrag von Dr. Benoit Sicre, Hochschule Luzern Technik & Architektur. Er stellte ein Positionspapier von Lüftungstechnik-Fachleuten zur Lüftung von Gebäuden in Pandemiesituation vor und berichtete von Aerosol-Messungen in einem Bürogebäude. Das Interesse daran sei derzeit jedoch eher gering. Es bestehe eher der Wunsch, die Pandemie zu verdrängen, als darüber nachzudenken, was in Zukunft besser laufen könnte. FGK-Geschäftsführer Frank Ernst moderierte die anschließende Paneldiskussion zur Luftqualität, für die außer den beiden Referenten drei weitere Experten aufs Podium gebeten wurden. Udo Jung, TROX SE, knüpfte an das Thema Pandemie an. „Wir hätten von Beginn an erläutern sollen, welche Aufgaben Luftreiniger übernehmen und welchen Nutzen sie bieten. Sie filtern die Umluft und entfernen dabei Krankheitserreger aus der Raumluft – das galt während der Pandemie ebenso wie heute. Ob es sich um Erkältungsviren oder einen neuen Erreger handelt, spielt dabei keine Rolle. Nachhaltiger wären jedoch dezentrale Lüftungsgeräte gewesen, die zusätzlich Frischluft zuführen und so das energetisch ungünstige Fensterlüften ersetzen könnten.“ sagte er. Uwe Schumann, Pluggit GmbH, merkte an, dass selbst bei aktuellen Anlässen kaum Reaktionen festzustellen seien: „Im Februar wurde aufgrund der erhöhten Feinstaubbelastung während einer Inversionswetterlage empfohlen, die Tätigkeiten im Freien einzustellen – auch das hat nichts bewirkt.“ Professor Zißler rief dazu auf, sich nicht auf medizinische oder technische Aspekte zu beschränken, sondern interdisziplinär zu denken und zusammenzuarbeiten, denn „das Wichtigste ist, dass es zur Umsetzung kommt. Dafür brauchen wir die Politik und die reagiert nur auf Druck von unten.“ Professor Kaup bedauerte, dass bei der Entscheidung für oder gegen Raumlufttechnik oft nur die Investitionskosten betrachtet werden. „Wir müssen dazu kommen, dass den Kosten der Nutzen gegenübergestellt wird und dass Luft als Lebensmittel wahrgenommen wird.“
Im dritten Teil des KLIMA-TAGs stellte Prof. Dr.-Ing. Dirk Müller, Heinz Trox-Stiftung, Ergebnisse aus Feldtests mit der Messstation „HTxCube“ vor. Sie wird kostenlos an Gebäudebetreiber ausgeliehen und ermöglicht die Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Schalldruck, Beleuchtungsstärke und Parametern der Raumluftqualität. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, direkt am Gerät ein Nutzerfeedback abzugeben. Feldmessungen in Pflegeheimen ergaben, dass im Sommer die Temperaturen häufig über 26 °C lagen, teilweise stiegen sie auf 33 °C. Im Winter war die Raumluftfeuchtigkeit sehr niedrig, meist lag sie zwischen 20 und 35 %. Das Fazit von Professor Müller lautet daher: „Wir müssen dazu kommen, dass Wärmeschutz im Sommer und Luftbefeuchtung im Winter umgesetzt werden.“ Zu guter Letzt informierte Irène Kostenas, Geneva Health Forum (GHF), Universität Genf und Universitätsspitäler Genf, über das GHF-Projekt, das eine WHO-Resolution für gesunde Raumluftqualität zum Ziel hat und von Konferenzen begleitet wird, wie den ersten WHO Europa Raumluftkonferenzen in Bern und in Paris. Das GHF sucht weitere Partner, um dieses Projekt zu realisieren und die Reichweite zu erhöhen. Für die Außenluftqualität liegen bereits WHO-Resolutionen und Richtwerte vor. Sie waren wesentliche Wegbereiter für Verordnungen, in denen spezifische Grenzwerte zur Sicherstellung der Gesundheit in der Außenluft festgelegt sind. Die meisten Menschen verbringen mehr als 80 % ihrer Zeit in Gebäuden. Deshalb ist es dringend notwendig, auch die Innenraumluftqualität – ein bedeutender Faktor der öffentlichen Gesundheit – besser und greifbarer zu spezifizieren. Eine WHO-Resolution für gesunde Raumluftqualität ist ein wichtiges Element auf dem Weg in eine Zukunft, in der wir überall gesunde Raumluft atmen.

Bildunterschrift: Professor Martin Kriegel (links) und Frank Ernst sprachen sich in ihrer gemeinsamen Keynote dafür aus, dass Menschen sich in Gebäuden wohlfühlen sollen.
Bildquelle: FGK
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